“Sei Du die Veränderung, die Du Dir für die Welt wünschst!” (M.Ghandi)

Wir sind am Ende der Woche 8 des Shutdown und so langsam beginnen wir wieder aus den Löchern zu schlüpfen. Es ist ein bisschen wie nach einem langen Winterschlaf: wir machen die ersten Schritte – ganz vorsichtig mit Mundschutz und großem Abstand. Nicht zu lange aufhalten in den bereits geöffneten Läden, zielgerichtetes Einkaufen, den richtigen Eingang nehmen, vielleicht eine Nummer ziehen, damit nicht zu viele Besucher im Laden sind, schnell den Mundschutz hoch und in die halben Gesichter der Verkäuferinnen und Kassiererinnen sehen. Die eigene Stimme klingt dumpf durch den Schutz sodass man das Gespräch lieber kurzhält. Den richtigen Ausgang nehmen, um den anderen nicht zu nahe zu kommen, und schnell drängt es einen wieder in die Sicherheit der eigenen vier Wände. Gemütliches Shoppen ist anders.

Veränderungen im Außen machen Mut für die Zukunft

Die Gespräche am Telefon, über Videotools aber auch schon mal live in geregeltem Abstand handeln zu einem großen Anteil über die eigenen Erfahrungen in der Corona-Zeit. Viele empfinden die allgemeine Auszeit als eine Entschleunigung. Viele (mich eingeschlossen) erleben die Fülle der Langsamkeit. Und immer wieder höre und lese ich, dass diese Auszeit für die Menschheit ein Beginn einer neuen Zeit sein kann. Die Natur blüht auf, die CO₂ -Belastungen sinken auf der ganzen Welt dramatisch, in den Häfen von Mallorca sieht man Delfine und in den Kanälen von Venedig die Fische im klaren Wasser.

Was haben wir gelernt aus dieser Zeit?

Wenn es doch so bleiben könnte! Vielleicht hat die Menschheit ja endlich gelernt, was es heißt, sich Umwelt- und Klima bewusst zu verhalten? Die Hoffnung ist groß, dass „DIE“ sich endlich verändern.

Jede/r Einzelne ist gefordert!

Aber wer sind denn „DIE“? Das sind wir ALLE! Jeder Einzelne von uns! Und deshalb geht es nicht darum, dass sich die ANDEREN verändern – die Unternehmen, die Politik, die Wirtschaft, die… Nein! Es sind WIR, die wir bei uns selbst anfangen müssen. Das, was wir so schön finden, für die Zukunft bewahren. Ich will hier nicht aufzählen, was das ist. Jede/r Einzelne weiß doch genau,  was es in dem eigenen Umfeld wert ist, zu erhalten. Es ist die Verantwortung jedes Einzelnen – unabhängig von einer Position, Funktion oder von der Größe des Geldbeutels. Denn die eigene Haltung zu verändern, kostet kein Geld. Die Summe der kleinen Dinge macht nachher das große Ganze aus.

Deshalb halten wir es wie Mahatma Gandhi (19.Jhd): „sei Du die Veränderung, die Du Dir für die Welt wünschst!“

Was der Computer und Onlinetools nicht können…

Die ersten 14 Tage seit dem Bekanntwerden der Einschränkungen wegen Corona sind vorüber – und damit auch der Schock über die Absagen meiner sämtlichen Seminare, Workshops und sonstigen Veranstaltungen für die nächsten (mind.) drei Monate.

Ebenso die erste Woche mit Ausgangsbeschränkungen und damit im Homeoffice – allein mit meinem Telefon und meinem Computer. Und wie (wahrscheinlich) alle Coaches, Trainer und Berater, habe ich mich in die Recherche nach Tools und Systemen gestürzt, um meine Dienstleistungen selbstverständlich weiter anzubieten. Nur eben online – so dachte ich. Corona als der Impuls, mich nun endlich daran zu machen, meine Arbeit zu digitalisieren.

Seit Corona mache ich auch Online-Coachings

Eine Woche habe ich Webinare besucht, 30-Tage kostenlosen Zugang für alle möglichen, das Online-Heil versprechenden, Tools zur Zusammenarbeit und Digitalisierung von Coaching, Seminaren, Trainings, Workshops und Beratungen genutzt sowie mich in die Sicherheitsthematik derselben hineingearbeitet. By the way habe ich gelernt, wie ich mich dabei gleich auch toll positionieren kann. Die neue Masche habe ich auch verstanden: Akquise unter dem Deckmantel der gegenseitigen Unterstützung und Verbundenheit, gewürzt mit kostenlosen Anreizen – die dann in kostenpflichtiges Business übergehen. Das finde ich grundsätzlich in Ordnung – aber nicht mit dem Heiligenschein der aktuellen Notsituation.

Ich bin sehr dankbar für alle Werkzeuge, die helfen, die Dinge zu vereinfachen. Hilfsmittel, die ich nutzen kann, um mit meiner Familie, Freunden und natürlich meinen Kunden in Verbindung zu bleiben. Ich bin auch grundsätzlich IT-affin, sodass es mir sogar Spaß macht, mich in die Technik einzuarbeiten und zu sehen, wie was funktioniert. Ich habe mich in Features, Tools, Bits und Bytes verloren und trotzdem das Gefühl gehabt, immer nur hinterher zu laufen. Ich führe Online-Coachings durch– sogar zum Gefallen beider Beteiligten.

In dieser Woche habe ich aber auch erlebt und verstanden, was der Computer – und auch Onlinetools – NICHT können: die Wellen zu spüren, die durch den Körper gehen, wenn ein Mensch im Coaching mir gegenübersitzt. Wahrzunehmen, was mit ihm (der Mensch) wirklich los ist. Hinein zu fühlen, was derjenige (der Mensch) gerade braucht. Gemeinsames Atmen, gemeinsames Erspüren, gemeinsames Erleben, wie sich ein Problem auflöst.

Den Kopf befragen – das Herz berühren – im Bauch die Lösung spüren. DAS ist echtes Coaching für mich!

Kurz vor Corona durfte ich noch an einer Konferenz zum Thema Digitale Transformation und Theory U an der Universität Witten/Herdecke teilnehmen. Gemeinsam mit allen Teilnehmern erlebten wir in den Übungen und Ausführungen von Rudi Ballreich, was Menschsein ausmacht und was der Computer nicht kann. Der wunderbare, wissenschaftlich fundierte sowie berührende Vortrag von Dr. C. Otto Scharmer (MIT) der das von ihm beforschte Presencing-Phänomen beschreibt, hat auch den letzten Digi-Fetischisten überzeugt: es braucht den Menschen und das Menschsein! Die Digitalisierung kann den Menschen nicht ersetzen! In den Unternehmen, den Bildungseinrichtungen, in der Wissenschaft, in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens – und v.a. in der Politik. Wir erleben gerade, wie die Politiker gezwungen werden, den Menschen als Mensch in seiner Gesamtheit wieder zu erkennen. Wir hören: die Gesundheit des Menschen ist das wichtigste Gut. Wir erleben die Menschen, die in Krankenhäusern für andere Menschen bis zur Erschöpfung arbeiten. Natürlich werden sie unterstützt von Computern und Technik – und das ist fantastisch. Wenn aber die aufopfernde Fürsorge, die Wärme, das Kümmern der Ärzte und Pfleger fehlen würde, würde das passieren, was als „verbotenes Experiment“ dem Stauferkönig Friedrich II nachgesagt wird: nicht nur 1-3% der Covid-19-Kranken würden sterben, sondern wahrscheinlich alle. An dieser Stelle sei ein herzliches und warmes Danke an alle, die ihre menschliche Fürsorge, ihre Wärme, ihre Empathie, ihre Großzügigkeit, ihre Herzlichkeit geben. Das eben, was ein Computer NICHT kann.

Digitalisierung kann den Menschen nicht ersetzen

Warum schreibe ich das alles? Ich, die ich noch nie etwas in den sozialen Medien gepostet habe und die sich eher mit öffentlichen Statements zurückhält. Ich möchte mich auch nicht einreihen in die vielen tollen Dankesbekundungen und wunderbaren Zukunftsbilder von Matthias Horx, Otto Scharmer, Bill Gates – da habe ich nicht den Mut dazu.

Mein Anliegen ist es aber, den Verantwortlichen in den entsprechenden Positionen aufzuzeigen, dass all die Leistungen, die bisher Menschen für Menschen erbracht haben, nicht grenzenlos von Computern übernommen oder in Onlinesessions virtuell durchgeführt werden können.  Ja, die vielleicht davon ausgehen, dass dadurch richtig viel Geld gespart wird: weil online muss ja zwangsläufig billiger sein.

Ich getraue mich in dieser Zeit zu sagen, dass meine Seminare, Workshops, und Trainings, soweit sie bei den Menschen und ihrem Verhalten etwas berühren und verändern sollen, auch weiterhin in Präsenzveranstaltungen stattfinden werden. Coachings und Beratungen führe ich derweil sehr wohl online durch in dem Bewusstsein, dass der „Herz-und Bauchfaktor“ nicht so angesprochen werden kann, wie in einem persönlichen Coaching. Mit Achtsamkeit und tiefem Zuhören versuche ich diesen Mangel auszugleichen.

Ich bitte alle Verantwortlichen in den entsprechenden Positionen, den „Mensch-Faktor“ höher zu bewerten, als den „Wirtschafts-Faktor“. Nicht nur meinetwegen – unserer menschlichen Gesellschaft wegen.